Fokusthema «Bahnverkehr – quo vadis?»
Fokusthema Bahnverkehr
Das öffentliche Verkehrsnetz der Schweiz ist eines der dichtesten in ganz Europa. Punkto Schienenverkehrsnutzung belegen die Schweizerinnen und Schweizer im europäischen Vergleich gar Platz eins. Der ÖV ist hierzulande also sehr attraktiv – und die Nachfrage seit 2000 um rund 40 Prozent gestiegen. Verkehrsprognosen des Bundes gehen von einer Zunahme um weitere 51 Prozent bis 2040 aus. Deshalb wird die Bahninfrastruktur im Rahmen des strategischen Entwicklungsprogramms STEP etappenweise erweitert und in der Folge mehr Kapazität geschaffen.
Im Interview erzählt Egon Gsponer, Leiter Infrastruktur und stellvertretender Unternehmensleiter der Matterhorn Gotthard Bahn (MGBahn), wie sich die Bahnbranche in den letzten Jahren verändert hat und in den nächsten Jahren verändern wird, welche Auswirkungen die Pandemie auf die Bahn hatte und mit welchen Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen sie konfrontiert ist. Zudem spricht er über den Fachkräftemangel, die Digitalisierung und neue Technologien wie BIM sowie seine Anforderungen an externe Dienstleister.
INFOBOX
Die Arnold AG und die Matterhorn Gotthard Bahn pflegen eine langjährige Partnerschaft. Die Arnold unterstützt die MGBahn seit mehreren Jahren regelmässig in Projekten oder im Unterhalt von Kabelanlagen.
Herr Gsponer, Sie sind Leiter Infrastruktur und stellvertretender Unternehmensleiter der Matterhorn Gotthard Bahn in Brig. Ganz generell: Wie hat sich der öffentliche Verkehr im Bereich der Bahnen in den letzten Jahren verändert und wohin geht die Reise? Der öffentliche Verkehr hat sich seit der Jahrhundertwende stetig weiterentwickelt und ist gezielt ausgebaut worden. Wichtige Erweiterungen waren für uns hierbei beispielsweise der Lötschberg-Basistunnel 2008 sowie der Gotthard-Basistunnel 2016, weil beide Projekte eine Kapazitätserhöhung zur Folge hatten und gleichzeitig das bestehende Angebot aufrechterhielten. Die MGBahn profitiert seit der Lötschberg-Eröffnung von einem Anstieg von mehr als 40 Prozent durch zusätzliche Reisende sowie Tagestouristinnen und Touristen, die Richtung Zermatt oder ins Aletschgebiet reisen. Aufgrund dessen hat die MGBahn ihr Angebot ausgeweitet – sowohl in Bezug auf die Frequenz als auch bezüglich der Infrastruktur. Den anderen Schweizer Bahnen ist es in den letzten zwei Dekaden ähnlich ergangen. In den letzten zwei Jahren haben wir pandemiebedingt natürlich Einbrüche verzeichnet, doch wir rechnen nach überstandener Pandemie erneut mit einer steten Zunahme der Frequenzen. Allgemein gilt: Ist ein attraktives Angebot vorhanden, wird es auch genutzt. Durch weitere Ausbauten kann somit ein höherer Anteil des Schienenverkehrs am Gesamtverkehr erreicht werden, was punkto Nachhaltigkeit und Umwelt natürlich sehr wichtig ist. Worin sehen Sie die Herausforderungen des schienengebundenen öffentlichen Verkehrs in der Schweiz? Zum einen ist künftig ein verkehrstechnisch und infrastrukturell optimales Kapazitätenmanagement gefragt. Es gilt, den Kostendeckungsgrad beziehungsweise die Rentabilität von Strecken aufrechtzuerhalten. Ein bewusster und sorgfältiger Umgang mit öffentlichen Geldern für Betrieb und Investitionen muss hier im Vordergrund stehen, während gleichzeitig die Qualitätskriterien im Sinne des Service-Public-Auftrags eingehalten werden müssen. Hier wiederum darf das Ganze nicht zu teuer werden. Im Endeffekt geht es darum, die Kosten laufend im Fokus zu haben. Insbesondere tiefe Unterhaltskosten und die Lifecycle Costs werden zum Thema. Zum anderen gilt es, das Image der Bahn vorteilhaft zu pflegen. Oft wird das System Bahn als träge und zu wenig agil bezeichnet – was bestimmt auch mit den umfangreichen und anspruchsvollen Vorschriften wie Sicherheit, Bewilligungen und Genehmigungen zusammenhängt. Künftige Ausbauten werden zunehmend kritisch hinterfragt und genau deshalb dürfen sich die Bahnen keine Fehlinvestitionen leisten. Im Bereich Infrastruktur ist hierbei sicherlich der Begriff «Predictive Maintenance» ein Zauberwort. Der vorausschauende und gezielte Unterhalt wird immer wichtiger, damit mögliche Störungen frühzeitig und bestenfalls noch vor ihrem Eintritt erkannt werden. Nicht zuletzt ist es für Bahnunternehmen in Zukunft zwingend, einen ganzheitlichen Ansatz der Mobilität zu verfolgen, denn nur so kann die Bahn konkurrenzfähig bleiben. Eine noch stärkere Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger ist nötig, beispielsweise auch auf den digitalen Plattformen. Die Vision lautet «seamless travelling», mit einem einzigen Ticket von Start- bis Zielort, egal welcher Verkehrsträger auf den unterschiedlichen Teilabschnitten zum Einsatz kommt. Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf den Betrieb? Welche Herausforderungen haben sich dadurch ergeben? Der öffentliche Verkehr war in der Pandemiezeit sehr gefordert. Einerseits bekannte er sich zur Transportpflicht, stellte die Versorgung in der Schweiz sicher und gewährleistete somit wichtige wirtschaftliche und soziale Funktionen. Andererseits gab es seit März 2020 Frequenzeinbussen infolge behördlicher Weisungen bezüglich Homeoffice-Pflicht sowie Empfehlungen zur Meidung des öffentlichen Verkehrs. Gleichzeitig war natürlich auch ein massiver Rückgang der Schienenverkehrsnutzung beim touristischen beziehungsweise ausländischen Gästesegment erkennbar. All dies führte zu grossen finanziellen Einbussen, weil trotz laufender Kosten die Einnahmen wegfielen. Hinzu kamen viele weitere Herausforderungen durch die Einführung von Schutzmassnahmen – wie die Durchsetzung der Maskenpflicht oder der zusätzliche Reinigungsaufwand. Anfang 2022 kam es durch die Omikron-Welle auch zu vielen Personalausfällen, wodurch bereits der Erhalt des Grundangebots zur Herausforderung wurde. Allgemein hat sich der Trend durch die Pandemie weg vom öffentlichen Verkehr bewegt: Privatpersonen benutzen das Auto nun wieder mehr, sei das für den Arbeitsweg oder einen Ausflug. Dies war für gewisse Geschäftsfelder jedoch nicht nur schlecht: Der Autoverlad an der Furka beispielsweise erlebte in den letzten beiden Jahren einen regelrechten Boom mit Spitzenfrequenzen.
Mit welchen Herausforderungen sieht sich die Infrastruktur allgemein konfrontiert? Die Infrastruktur verfügt derzeit über ein sehr grosses Investitionsvolumen und eine hohe Umsetzungskadenz mit zahlreichen Projekten. Ein grosses, gesamtschweizerisches Projekt ist beispielsweise der Umbau aller Anlagen und Bahnhöfe im Rahmen der Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes. Demnach müssen bis Ende 2023 alle Bahnhöfe für Menschen mit einer Behinderung zugänglich sein beziehungsweise entsprechende Übergangsmassnahmen realisiert werden. Wichtige kommende Projekte der MGBahn sind die Sanierung des Furkatunnels, die Planung eines neuen Bahntunnels zwischen Täsch und Zermatt sowie die Planung eines neuen Interventions- und Infrastrukturstützpunkts im Raum Andermatt (Investitionssumme: rund 100 Millionen CHF pro Jahr). Zudem investieren wir als Gebirgsbahn jährlich in den Schutz vor Naturgefahren wie Murgängen, Steinschlägen oder Lawinen. Durch Lawinenverbauungen und Sprengmasten beispielsweise erhöhen wir sowohl die Sicherheit als auch die Verfügbarkeit unserer Strecken. Bei Investitionen und/oder Erneuerungen im Infrastrukturbereich ist eine strategische Langfristplanung essenziell. Neubauten sollten grundsätzlich stets effizienter und langlebiger werden, damit sie langfristig gesehen weniger Unterhaltskosten in Anspruch nehmen – ein Beispiel wäre hier der Einbau von LED-Lampen.
Wie sieht es mit den konkreten Herausforderungen in der elektrischen Bahntechnik aus? In diesem Bereich akzentuiert sich unter anderem der Fachkräftemangel. Es ist aktuell sehr schwierig, in den Bereichen Fahrleitung oder elektrische Anlagen geeignete Fachkräfte für Arbeiten an der Front zu rekrutieren. Hinzu kommt, dass Mitarbeitende in den Bereichen Stellwerktechnik oder Fahrleitungsmontage oft «on the job» ausgebildet werden und erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit voll einsatzfähig sind. Die MGBahn ist hierbei auf eine gute Zusammenarbeit mit Drittfirmen angewiesen, damit solche Lücken temporär oder projektspezifisch geschlossen werden können. Befristete Zusammenarbeitsverträge oder die gezielte Ausleihe von Fachpersonal von Firmen wie der Arnold AG sind für uns zurzeit geeignete Lösungen.
Wie gehen Sie mit dem vorherrschenden Fachkräftemangel um, spezifisch im Bereich der Infrastruktur? Die MGBahn zeichnet sich durch gute Arbeits- und Anstellungsbedingungen sowie die regionale Wichtigkeit als attraktive Arbeitgeberin aus – wir haben 2021 sogar den Swiss Arbeitgeber Award in der Kategorie «Aufsteiger des Jahres» gewonnen. Wir haben bei der MGBahn kurze Entscheidungswege. Zudem sind die Projektleitende bei uns in allen Phasen eines Projekts involviert, von der Planung bis zur Realisierung und Inbetriebnahme, wodurch die Arbeit abwechslungsreich und interessant wird. All diese Aspekte erleichtern uns grundsätzlich die Suche nach Fachkräften. Dennoch spüren wir aktuell – wie das gesamte Oberwallis – den Einfluss der investierenden und expandierenden Chemiebranche in Visp, die eine Abwanderung der Fachkräfte bei den übrigen KMU in der Region mit sich zieht. In Bezug auf den Bereich Infrastruktur sind wir zurzeit teilweise gezwungen, die Anforderungen zu senken sowie Ausbildungen «on the job» durchzuführen, um Mitarbeitende auf das nötige Niveau an Fachkompetenz zu bringen. Wir rekrutieren zunehmend auch im EU-Raum. Gleichzeitig versuchen wir stets, unsere Mitarbeitenden langfristig bei uns zu behalten. Nur so kann intern Know-how aufgebaut werden. Nebst mehr Unabhängigkeit als Firma erhöht dies auch die Faktoren Sicherheit und Effizienz: Je besser die Mitarbeitenden die Anlage der Infrastruktur kennen, umso sicherer und effizienter werden unsere Prozesse und Abläufe.
Welche Erwartungen an einen Dienstleister ergeben sich durch besagten Fachkräftemangel? Eine ganzheitliche Übernahme von Projekten sehe ich nicht als zielführend. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass stets auch bahninterne Fachkräfte für die verschiedenen Arbeitsbereiche erforderlich sind. Die MGBahn ist eine mittelgrosse Bahn – die fünftgrösste der Schweiz nach SBB, BLS, SOB und RhB – und grundsätzlich sehr gut aufgestellt. Selbstverständlich haben wir nicht die gleichen Möglichkeiten wie eine SBB, aber unsere Mitarbeitenden sind oftmals Generalistinnen und Generalisten, die verschiedene Arbeiten und Funktionen abdecken und somit polyvalent einsetzbar sind. Dies erlaubt uns, den Personalkörper klein zu halten und uns gezielt dort mit Drittfirmen zu verstärken, wo es nötig wird. Unsere Erwartung an einen externen Dienstleister ist eine offene, transparente und ehrliche Zusammenarbeit – klingt zwar einfach, ist es aber in der Realität nicht immer. Weiter erwarten wir eine termingerechte und qualitativ hochstehende Ausführung der Aufträge. Wir sind eine zuverlässige Auftraggeberin, die ihren Zahlungsverpflichtungen termingerecht nachkommt und gerne auch langfristige Partnerschaften eingeht, wenn die Qualität auf Seiten des Dienstleisters stimmt. In Sachen Störungsmanagement sind Fachpersonen in den eigenen Reihen zwingend nötig, um kleine Störungen sofort selbst beheben zu können. Bei grösseren Ereignissen wie Fahrleitungsstörungen oder Gleisunterbrüchen sind wir jedoch meist auf die Unterstützung von Drittfirmen angewiesen, da wir die für die Reparatur benötigte Maschinerie oftmals gar nicht besitzen. Es ist in solchen Situationen sehr beruhigend, auf einen Pool von verlässlichen Partnern wie die Arnold AG zurückgreifen zu können.
Welche Vorteile ergeben sich für die MGBahn durch einen Dienstleister, der Bestandteil einer grösseren Gruppe ist? Die MGBahn arbeitet sowohl mit grösseren als auch kleineren Drittfirmen zusammen, wobei die Vorteile einer Zusammenarbeit mit grösseren Firmen auf der Hand liegen: Zum einen kann eine Grossfirma Ausfälle von Schlüsselpersonal viel leichter verkraften als ein kleines Unternehmen, zum anderen ist das firmeninterne Wissen breiter abgestützt. Nicht zuletzt haben grössere Unternehmensgruppen oftmals auch die richtigen Referenzprojekte und die nötige Erfahrung vorzuweisen, um Aufträge der Bahn wunschgemäss ausführen zu können. Ein weiterer Vorteil liegt auch darin, dass in grösseren Projekten nur eine Ausschreibung nötig ist. Man hat somit nur einen Ansprechpartner, wodurch sowohl Schnittstellen als auch Fehlerquellen reduziert werden können. Kurz gesagt: Eine Zusammenarbeit mit einer Gruppe ermöglicht zusätzliche Flexibilität, Fachkompetenz, Aktualität und Geschwindigkeit. Gehen wir über zum Thema Digitalisierung: Wo sehen Sie bei der MGBahn die wichtigsten Themen im Zusammenhang mit der Digitalisierung? Die Digitalisierung ist in aller Munde und auch bei der MGBahn ein Dauerthema, das zahlreiche Bereiche betrifft. So bringt sie beispielsweise sowohl die Schliessungen von Bahnschaltern als auch die Veränderung von Berufsbildern mit sich. Dies liegt grösstenteils am heutigen Bedürfnis der Kundschaft, alles aus einer Hand zu bekommen. Und wo gestern noch «digital first» galt, gilt heute «mobile first»: Alles soll mit dem Handy erledigt werden können. Die ganze Kundenreise, von der Ansprache über die Informationsvermittlung und Buchung bis hin zur Nachbetreuung, gilt es, in responsiven Formaten zur Verfügung zu stellen, was insbesondere das Marketing vor Herausforderungen stellt. Ein Beispiel für ein Modernisierungs- beziehungsweise Automatisierungsprojekt ist der Autoverlad Furka, für welchen die Tickets nun auch online gekauft werden können – was bereits von jeder dritten Person so gehandhabt wird. Zudem haben wir an unseren Verladeanlagen eine automatische Nummernschild-Erkennung eingeführt – eine Premiere in der Schweiz. In Bezug auf den Betrieb hat die MGBahn in den vergangenen Jahren viel in die Befähigung ihrer Mitarbeitenden sowie in die gesamte Arbeitsumgebung investiert. Wir waren durch die vorgängige Etablierung von Office 365 und Sitzungsführung per Microsoft Teams beispielsweise sehr gut auf die Coronakrise vorbereitet. Auf Unternehmensstufe haben wir eine Digitalstrategie mit Schwerpunkten und sogenannten Leuchtturmprojekten erarbeitet und in den vergangenen Jahren laufend weiterentwickelt. Wir haben ein Gremium aus fünf bis sieben Mitarbeitenden geschaffen, das sich periodisch zu digitalen Themen und Technologien austauscht und Entscheidungsgrundlagen für die Geschäftsleitung ausarbeitet.
Wo liegen die Schwerpunkte der Digitalisierung in der Infrastruktur? Bei der Büro- beziehungsweise Projektarbeit folgen wir dem aktuellen Trend hin zum papierlosen Büro. Sogar die Plangenehmigungsdossiers für das Bundesamt für Verkehr BAV werden künftig digital eingereicht und mit elektronischer digitaler Signatur versehen. Zudem erfolgt unsere Arbeitsplanung, Auftragserfassung und Dokumentation ab 2022 mit dem Tool ZEDAS, wozu alle Mitarbeitenden mit einem Tablet ausgerüstet wurden. Weiter führen wir die Erhebung und Auswertung zum Zustand unserer Anlagen nun mittels neuer Technologien wie Drohnen oder Gleismesskampagnen durch. Zwar ersetzen sie die physischen Kontrollen vor Ort nicht, unterstützten das Anlagemanagement jedoch beim Erfassen und Dokumentieren des Zustandes. Wir setzen ab 2022 ausserdem ein neues Instandhaltungstool ein, das ohne Medienbrüche funktioniert, investieren in Systeme und fokussieren uns auf einen vorausschauenden Unterhalt beziehungsweise eine vorausschauende Instandhaltung. Übrigens werden wir im Rahmen unseres Projekts «Erneuerung Gleisfeld Glisergrund» als erste Schweizer Kundin die Steuerungslösung «TrackOps Depot» von Siemens anwenden. Im Gleisfeld am Depot können so mithilfe eines Tablets der Betriebszustand der Gleisanlagen abgelesen, Rangierfahrstrassen angefordert sowie Weichen bedient und gestellt werden. In welche Richtung muss sich ein Dienstleister Ihrer Meinung nach hin entwickeln, um im Rahmen der Digitalisierung einen Mehrwert zu generieren? Meiner Meinung nach muss ein Dienstleister in erster Linie über Kenntnisse der Unternehmung und deren Geschäftsprozesse verfügen oder sich diese aneignen. Dabei sollte er immer versuchen, dem Unternehmen einen Schritt voraus zu sein. Die Aufgabe eines Dienstleisters ist es, diejenigen Dienste anzubieten, die der Auftraggeber selbst gar nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand ausführen könnte. Er sollte mitdenken und proaktiv alternative Lösungsvorschläge sowie Verbesserungsmöglichkeiten einbringen. Allgemein liegt der Mehrwert eines Dienstleisters in der zeitlichen Flexibilität, der fachlichen Kompetenz, der hochstehenden Qualität und, wie eben genannt, seiner unterstützenden Funktion. Ein grosser Begriff ist BIM (Building Information Modeling). Gibt es bei der MGBahn Projekte, in deren Rahmen diese Technologie bereits angewendet wird? Falls ja: Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen? Falls nein: In welchem Zeitraum erwarten Sie die ersten Projekte mit BIM? BIM ist in der gesamten Bahnbranche ein Thema, der Begriff wird aber aktuell noch nicht überall gleich verstanden. Bei der MGBahn steckt BIM noch in den Kinderschuhen und wir nehmen in Bezug auf dieses Thema sicherlich keine Vorreiterrolle ein. Aktuell bilden sich bei uns zwei bis drei Mitarbeitende auf diesem Gebiet weiter. Sie besuchen Fachtagungen und eignen sich so Wissen an – insbesondere über die Standards und die notwendige Struktur, die es aufzubauen gilt. Weiter laufen bei uns drei Projekte in den Bereichen Immobilien und Infrastruktur, bei welchen die beauftragten Planer BIM bereits einsetzen. Die MGBahn hat hierbei jedoch lediglich Ansichtsrechte. Tendenziell ist der Bereich Infrastruktur mit BIM weniger weit als die Hochbaubranche, wird sich aber dem Trend auf keinen Fall entziehen können. Unser Ziel ist es, die nächsten langfristigen Projekte mit BIM zu planen, beispielsweise den STEP Ausbauschritt 2035, also den Tunnel zwischen Täsch und Zermatt, der ab 2022 realisiert werden soll. Flächendeckende Planungen mit BIM werden jedoch sicherlich erst in einigen Jahren machbar und sinnvoll sein. Welche Erwartungen haben Sie an einen Dienstleister wie die Arnold-Gruppe in puncto BIM? Wir haben im Bereich BIM grundsätzlich die gleichen Erwartungen an einen Dienstleister wie in anderen Bereichen auch. Er muss zuverlässig sein, durch eine dem neusten Stand entsprechende Fachkompetenz eine hohe Qualität an den Tag legen sowie preislich konkurrenzfähig sein. Zudem soll er spezifisch auf unsere Bedürfnisse eingehen. Generell ist mir wichtig, zu wissen, worauf ich mich einlasse. Welche Lieferobjekte werde ich erhalten und welche BIM-Projekte hat der Dienstleister bereits erfolgreich umgesetzt? Ein gegenseitiger Austausch zu Beginn eines Projekts zeigt Möglichkeiten und Hindernisse jeweils gut auf. Die MGBahn ist die viertgrösste Privatbahn in der Schweiz. Wie sieht die Zusammenarbeit der einzelnen Bahnen miteinander aus, auch in Bezug auf den technologischen Fortschritt im Bereich Infrastruktur? Die Zusammenarbeit unter den Meterspurbahnen wird insbesondere über die Vereinigung RAILplus sichergestellt. Innerhalb dieser nimmt die MGBahn eine führende und aktive Rolle ein. In verschiedenen Arbeitsgruppen erfolgt ein quartalsweiser Austausch unter den Bahnen, wobei man sich gegenseitig mit Know-how und der Erarbeitung von Unterlagen und Dokumenten unterstützt. Die Arbeitsgruppe Einkauf ermöglicht unter anderem, in grösseren Mengen einzukaufen und so attraktivere Konditionen zu erhalten, zum Beispiel durch Stromeinkauf-Pooling. Weiter profitiert man als Interessensgemeinschaft oder Gruppe auch von einer grösseren Durchschlagskraft gegenüber den Behörden durch gemeinsame Stellungnahmen. Auch in Sachen Technologie werden immer wieder Arbeitsgruppen mit Vertretern verschiedener Bahnen gebildet, um Standards zu erarbeiten oder technologische Entwicklungen voranzutreiben. Ausserdem gibt es diverse Fachgruppen, in denen die MGBahn nach Möglichkeit Vertreterinnen und Vertreter entsendet, um so eigenes Know-how weiterzugeben oder externes Know-how abzuholen. Aktuell ist das Programm «nextrailplus» im Gange, welches das vorherige Programm «Smartrail» für die Meterspurbahnen weiterentwickelt. Der Verband öffentlicher Verkehr VöV unterstützt bei solchen Programmen jeweils auch tatkräftig. Herr Gsponer, wir danken Ihnen ganz herzlich für das spannende Gespräch!
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